Die Perspektive des Rangierers
Eine Rangierfahrt von Ratzeburg nach Hollenbek 1992

Gleisplan von Ratzeburg
Wir befinden uns an einem trüben Herbsttage in Ratzeburg im Jahre 1992, dem letzten Betriebsjahr des Rübenverkehrs aus dem Lauenburgischen nach Uelzen. Die Übergabe aus Mölln, Üg 68868, fuhr gerade nach Gl. 22 ein. In Höhe des Ausfahrsignals (ASig) F war der Rangierbegleiter abgesprungen, um nach Halt des Zuges am Zugschluß wieder aufzuspringen, um beim Umsetzen die Spitze der Rangierabteilung zu besetzen. Eine hochgehobene Hand des Rangierbegleiters signalisiert dem Fahrdienstleiter (Fdl), daß man fertig ist.

Einfahrt aus Richtung Mölln in Ratzeburg nach Gleis 22 an Asig F vorbeiSammlung Lennart Mau
(Hinweis: Die Aufnahmen entstanden an unterschiedlichen Tagen mit teilweise vom Text abweichenden Fahrzeugen)
Da zeigt das hochstehende Sperrsignal (HS) am ASig Sh1, über Rangierfunk wird dem Meister auf der Lok vom Rangierbegleiter mitgeteilt, daß er langsam kommen könnte. Die Schranken im Zuge des Albsfelder Weges bleiben während des Rangierens geschlossen; die wenigen Autofahrer und Fußgänger müssen das halt verschmerzen. Gemütlich rumpelt die Fuhre am Stellwerk vorbei, bis sie die letzte Weiche der nördlichen Gleistrapezhälfte überquert hat. Das Umlegen der Weiche gilt laut den örtlichen Richtlinien als Zustimmung zur Rangierfahrt, dennoch winkt der Fdl zusätzlich mit einer Lampe hin und her (Ra 2 „Herkommen“), jetzt geht es mit der Rangierabteilung nun nach Gl. 2.
In jenem Gleis werden die nicht benötigten Wagen während der Fahrt nach Hollenbek abgestellt. Während die 365 am Nordende abgehängt hat, löst der Rangierer auf dem Südende die Kupplung zwischen den stehenbleibenden und den für Schmilau und Hollenbek bestimmten Wagen. Heute ist es ein leerer Snps für Langholz, der in Schmilau beladen werden soll, ein Fc mit Briketts für die Fa. Rattey aus Ratzeburg zur Entladung in Schmilau sowie ein privater Laails des italienischen Einstellers „ausiliare Milano“ [sic!] mit Reet für die Fa. Scharnweber aus Sterley für Hollenbek. Hinzu kommen noch zwei Dutzend leerer E-Wagen für Schmilau, die Anschlußstelle Kogel sowie Hollenbek, die in Gl. 4 und 6 stehen und am Vortag leer von zwei 212 aus Uelzen gebracht wurden.
Die Rangieraufträge wurde morgens von der Güterabfertigung Lübeck zusammengestellt, nachdem einerseits die Bauern am Vortag durchgegeben hatten, was sie an Waggons beladen hatten und an leeren neu gestellt bekommen wollten; andererseits wollten auch die anderen Kunden ihre Wagenladungen haben bzw. leere Wagen beladen können.
Die 365 läuft um, setzt gegen die drei für die „Kaiserbahn“ bestimmten Wagen, holt sich mit diesen die E-Wagen - zunächst aus Gl. 4 und dann aus Gl. 6, eher er nach Gl. 1 umsetzt.

Zusammenstellen der Wagen, hier aus Gl. 3Sammlung Lennart Mau
Nachdem der Kompressor die Luft in den Bremsen aufgefüllt hat, greift der Rangierleiter zum Hörer des Zugbahnfunks (ZBF) und läßt sich über die ZBF-Vermittlung in Lübeck den Fdl Ratzeburg geben. Die Rangierfunkqualität im Bf Ratzeburg ist im Sichtbereich der Rangierfunkantenne unterirdisch schlecht, während man auf dem Hinweg morgens bereits bei Durchfahrt in Pogeez dem Ratzeburger Fdl den gesamten Rangierplan durchgeben kann…

Nach dem Umsetzen steht der Zug schließlich auf Gleis 1Sammlung Lennart Mau
Betrieblich wird diese Zugfahrt als Sperrfahrt durchgeführt, wozu der Fdl die Strecke vorher gesperrt hat. Für das Rangierpersonal besteht damit die Gewißheit, daß keine anderen Zugbewegungen unterwegs sind. Wenn kurzfristig dennoch weitere Sperrfahrten folgen sollten, z.B. bei einem Hilfslokeinsatz, muß die erste Sperrfahrt per Befehl verständigt werden, daß man halt nicht mehr allein ist und die Geschwindigkeit auf „Fahren auf Sicht“ beschränkt wird. Vorher darf keine weitere Sperrfahrt eingelassen werden!
Schon steht das ASig D auf Hp1 und die Spf Üg 68885 kann starten. Nach fast zweieinhalb Kilometern kommt der erste Bahnübergang im Zuge der Möllner Straße, der als einziger noch über eine Blinklichtanlage verfügt. Mit dem Schlüssel DB 21 ist diese vom Rangierbegleiter schnell in Betrieb gesetzt und er kann wieder auf die Lok aufsteigen. Etwa einen halben Kilometer weiter folgt ein nichttechnisch gesicherter Bahnübergang im Zuge des Farchauer Weges, wo nicht anzuhalten ist; ein Pfiff (Zp 1 - „Achtungssignal“) reicht als als Sicherung.

Am Bahnübergang Möllner StraßeSammlung Lennart Mau
Wenig später wird der Fredeburger Wald in einem Einschnitt durchquert, den eine Brücke überspannt, ehe nach Verlassen des Waldes ein Bahndamm erreicht wird.

Bahndamm bei SchmilauSammlung Lennart Mau
Schon nähert man sich Schmilau, wo kurz vor Erreichen des ehemaligen Bahnhofs vor dem Bahnübergang im Zuge der Möllner Straße (die es hier fast überall gibt - außer in Mölln) zu halten ist. Der Rangierbegleiter steigt wieder ab, stellt sich mittig mit ausgebreiteten Armen auf die Straße und hält in einer Hand eine rote Flagge, die den Straßenverkehrsteilnehmern signalisieren soll „Halt!“. Das Vorbeifahren gilt als Mißachten einer roten Ampel und kann mit einer Punktegutschrift in Flensburg geahndet werden, wenn rein zufällig Zeugen dieses beobachten. Slalomfahrende Radler werden ggf. mit einer Beule am Hinterkopf belohnt. Sobald der Straßenverkehr zum Stehen gekommen ist, darf die Lok vorfahren und sobald sie die erste Hälfte der Straße erreicht hat, gilt der Bahnübergang als gesichert und der Rangierbegleiter darf wieder auf die noch langsam fahrende Lok aufsteigen.

Gleisplan von Schmilau in den 90er Jahren
Kurz hinter der Position der ehemaligen Bahnsteige liegt die westliche Einfahrweiche. Die Übergabe fährt noch soweit vor, daß die östliche Weiche grenzzeichenfrei ist. Der Rangierbegleiter ist bereits abgesprungen und hat die Kupplung zwischen dem zweiten und dritten Wagen entkuppelt, so daß die 365 den Snps und den Fc im Überholgleis an der Ladestraße bereitstellen kann. Anschließend fährt die Lok gegen den Laails und nimmt diesen sowie sechs E-Wagen mit; letztere stellt sie in Gl. 3 gegen den Prellbock, wo bereits zwei Treckerfahrer mit ihren mit Rüben voll beladenen Anhängern warten, die sie in die E-Wagen einladen wollen.

212 269-5 mit einigen Wagen am Prellbock in SchmilauSammlung Lennart Mau
Mit dem Reetwagen am Haken geht es zurück an die im durchgehenden Hauptgleis abgestellten E-Wagen, die wieder angehängt werden. Wenige hundert Meter hinter dem ehemaligen Bahnhof heißt es aber erneut „Abteilung Halt!“, weil der Bahnübergang im Zuge des Alt-Horster Wegs durch Posten zu sichern ist. Die anschließenden 5 km sind aber etwas gemütlicher.
Hier im Wald in Höhe von Althorst (jawoll, ohne Bindestrich) ereignete sich im Mai 1975 ein schwerer Bahnbetriebsunfall, als ein von Schmilau kommender Skl (Klv 53) mit der aus Hollenbek kommenden Übergabe (Köf II mit zwei leeren Td-Wagen) zusammenstieß. Die Strecke wurde damals™ im Zugleitbetrieb gesichert und der Strecken-Fdl in Ratzeburg hatte die Übergabe vergessen, als er dem Skl den Fahrtauftrag gegeben hat. Der Arbeitszugführer und der Fahrer des Skl’s wurden schwer verletzt, das Personal der Übergabe konnte sich durch einen Sprung von der Säcke-Köf retten, verletzten sich aber dennoch bei der Landung auf dem abschüssigen Bahndamm.
Wenig später wird die Anschlußstelle Kogel erreicht. Von der nordwärts abzweigenden Weiche wird zunächst ein Umlaufgleis erreicht, hinter dem sich ein Rampengleis anschließt. Sieben Wagen haben dort bequem Platz, doch bleiben die leeren Wagen erstmal im äußeren Umlaufgleis stehen, ehe es mit dem Rest weiter nach Hollenbek geht.

Beim Rangieren in KogelSammlung Lennart Mau
Am ehemaligen Haltepunkt Sterley ist Muskelkraft gefordert; der Rangierbegleiter muß die Schranken am unübersichtlichen Bahnübergang im Zuge der Alten Dorfstraße runterkurbeln, die 365 mit ihren Wagen passieren lassen, die Schranken wieder hochkurbeln, bis zur Lok vorgehen und wieder aufsteigen. Das hält fit, ist aber bei Schietwetter nicht gerade der beliebteste Job, zumal gut anderthalb Kilometer später der nächste Bahnübergang im Zuge der Straße „Auf dem Berge“ wenige Meter vor der Hollenbeker Einfahrweiche wieder eine Sicherung verlangt, diesmal aber reicht eine einfache Postensicherung.

BÜ Alte Dorfstraße in Sterley bei trübem Wetter von der Lokomotive aus gesehen.Sammlung Lennart Mau

Gleisplan von Hollenbek
Das Rangieren ist in Hollenbek recht einfach: Am Streckengleis befindet sich die Rübenverladeanlage, wo bereits gut zehn beladene Wagen stehen. Die Lok setzt gegen diese gegen und drückt sie über die östliche Weiche hinaus, hat aber dabei die mitgebrachten leeren Wagen und den Reetwagen abgesetzt, so daß die E-Wagen be- und der Laails entladen werden können. Hinter dieser Weiche ist in Richtung Streckenende noch Platz für maximal zehn Wagen, die die Lok über das Überholgleis jetzt abholt, ehe sie die Rückfahrt antritt. Und natürlich werden auf den letzten Wagen zwei Schlußsignaltafeln (Zg2) aufgesetzt und die Bremsen aufgepumpt. Soviel Zeit muß sein!

Die Rübenverladeanlage in HollenbekSammlung Lennart Mau
Wie in Schmilau sind nämlich die Bremsen der in Hollenbek bereitgestellten Wagen entlüftet, so daß sie mit wenig Kraftaufwand mit einem neben dem Gleis fahrenden Trecker bewegt werden können; gegen das Weglaufen werden sie mit Hemmschuhen gesichert. Diese Art des Rangierens, was die Fahrdienstvorschrift als Verschieben bezeichnet, wird geduldet, weil damit die Einsatzzeiten von Loks und Personalen erheblich verkürzt werden können.

Die Gebäude in Hollenbek von der Ladestraße aus gesehenSammlung Lennart Mau
Die Rückfahrt
Erneut wird Kogel erreicht. Die aus Hollenbek mitgebrachten Wagen bleiben zunächst auf der Strecke abgestellt, ehe die 365 zunächst gegen die vorhin abgestellten leeren und anschließend gegen die an der Laderampe gefüllten E-Wagen setzt. Diese zieht sie ins innere Umlaufgleis, fährt mit den leeren weiter zurück in Richtung zur Abzweigweiche und drückt sie über das äußere Umlaufgleis an die Verladerampe. Nach dem Abkuppeln setzt sie gegen die beladen Wagen, drückt diese gegen die aus Hollenbek mitgebrachten Wagen und kann damit weiter in Richtung Schmilau fahren. Zwischen der Kogler Anschlußweiche und dem Sterleyer Bahnübergang sind etwas über 300 m Platz, mit Lok passen dort 30 zehn Meter lange Zweiachser hin.
Gleisplan Anschluss Kogel
Wenn in Schmilau beladene Rübenwagen mitzunehmen sind, werden die aus Hollenbek mitgebrachten auf der Strecke östlich des Bahnhofs kurz abgestellt; sind überdies im Überholgleis noch andere Güterwagen gestellt und es wird an denen nicht gerade be- oder entladen, müssen sie nach einem Umlaufmanöver ebenfalls zu den abgestellten Wagen zugestellt werden. Erst dann können die Rübenwagen abgezogen und entweder nach dem Umlaufen direkt zu den wartenden zugestellt werden - ggf. oder mit den anderen Güterwagen dazwischen.
Bis zu zwei Dutzend beladene E-Wagen können sich bis Schmilau angesammelt haben, aber für die 365 mit über 1.800 t Grenzlast ist das trotz der leichten Steigung bis Ratzeburg kein Problem, zur Not wird eben im Rangiergang gefahren. Die in den Fahrplänen genannte Zuglast von max. 300 t wird allerdings bereits bei zehn mit je 20 t Rüben beladenen Wagen, deren Eigengewicht etwa 10 t beträgt, erreicht. Die Fahrplanvorgabe galt als eine freundliche Empfehlung der Bundesbahndirektion Hamburg, die eigentlich keiner wirklich ernst nimmt, zumal die Lastgrenze A der verschiedenen E-Wagentypen bei 20 t nicht mal voll ausgenutzt wird.
Die als Hauptbahn trassierte Strecke mit geringen Steigungen und keinen engeren Bögen wurde schließlich Anfang der der 80er zwischen Ratzeburg und Schmilau von der Oberbauart K mit Stahlschwellen auf die Oberbauart Hf mit Spannägeln umgebaut, die nach einigen Jahren durch die Oberbauart K mit Betonschwellen ausgetauscht wurde.
Als das Einfahrsignal (ESig) H in Sicht kommt, meldet sich der Tf beim Fdl über Rangierfunk. In der Ferne hört man das Läutewerk des Bahnübergangs, wo gerade die Schranken geschlossen werden.

Warten am Einfahrtsignal in RatzeburgSammlung Lennart Mau
Dann meldet sich der Fdl, der dem Tf mitteilt, daß man nach Gl. 1 kommen könne. Aha, am haltzeigenden Signal vorbei… Kein Zs1 (es gibt an diesem ESig schließlich keine Vorrichtung für das Ersatzsignal), aber auch kein Befehl A („Zug fährt vorbei am haltzeigenden Signal xy“). Diese innoffizielle geduldete Verfahrensweise ist den Örtlichkeiten geschuldet, weil es zum einen kein Zielsignal für die Einfahrt auf der Oldesloer Seite gibt und zum anderen kein Zs3-Signal mit Kennziffer 3 („Geschwindigkeitsanzeiger“) die Einfahrt in ein Stumpfgleis ankündigt - es könnte ja auch nach Gl. 21 oder 22 gehen. Statt dessen steht neben dem ESig ein Lf4-Signal mit der Kennziffer 3 („Geschwindigkeitstafel“); ein dazugehörendes Lf2 („Anfangsscheibe“) sucht man indes vergebens.

Am Signal vorbei ...Sammlung Lennart Mau
Fast ohne zum Stillstand zu kommen wird die Fuhre schließlich nach Gl. 1 gezogen und dem Fdl gemeldet, daß die Strecke frei von abgestellten Fahrzeugen ist. Der hat natürlich bei der Vorbeifahrt im Rahmen seiner Zugbeobachtung einen Blick auf das Zg2 geworfen. Wenn zusätzlich zu den Rübenwagen weitere Güterwagen mitgebracht werden und diese noch am selben Tag weiter mit nach Lübeck sollten, werden zunächst nur jene reingeholt. Dazu wurden sie nach Einfahrt im Gleistrapez zwischengeparkt, danach läuft die Lok im Trapez um und drückt sie nach Gl. 2 an die vormittags aus Mölln mitgebrachten Waggons. Anschließend geht es zurück auf die Strecke, wo noch die E-Wagen warten.

Beim Rangieren in RatzeburgSammlung Lennart Mau
Im letzten Bauzustand des Bahnhofs Ratzeburg, wo die Rübenverladeanlage an Gl. 6 abgebaut und durch einen große Betonfläche an Gl. 3 ersetzt wurde, von wo man die Rüben mit einem Kipplader in die E-Wagen verladen konnte, wurden Gl. 1 und 2 gekürzt und mit einer Handweiche kurz vorm Empfangsgebäudes diesseits des Bahnübergangs im Zuge der Bahnhofsallee/B 208 versehen. Dahinter ist seitdem grad mal eine Loklänge Platz zum Umlaufen.
Die Lok aus Hollenbek läuft dort jetzt um und kuppelt mit den Wagen der Übergabe für Lübeck. Anschließend werden sie nach Zustimmung des Fdl in Richtung Hollenbek gedrückt, wo eine Ra 10-Tafel („Rangierhalttafel“) weit draußen kurz vorm ESig reichlich Platz zum Rangieren läßt. Je nach dem, ob noch weiterer Zugverkehr abzuwarten ist, geht es entweder gleich nach Gl. 21 oder in Warteposition nach Gl. 22, um dann mit der gleichen Zugnummer wie von Mölln in die Marzipanstadt zu entschwinden.
Um die Rübenwagen für den Nahgüterzug zur Zuckerraffinerie Uelzen kümmert sich nachmittags entweder ein 212-Pärchen oder eine 218, die als Lz von Lübeck kommt; neue Leerwagen aus Uelzen treffen erst wieder am folgenden Werktag vormittags in Ratzeburg ein, die die anbringenden Loks je nach Menge nach Gl. 4 und 6 verteilen werden, ehe sie als Lz weiter nach Lübeck fahren werden. In Gl. 3 werden indes E-Wagen für die Ratzeburger Rüben bereitgestellt, wobei weiter nördlich immer mittwochmorgens mit der Übergabe die G-Wagen mit Waren für das Ratzeburger Kaufhaus Mohr ankommen.

BR218 mit langem Rübenzug fährt in Richtung Mölln ausSammlung Lennart Mau
Außerdem erhält die Fa. Dittmann, ein metallverarbeitender Betrieb, etwa monatlich einen E-Wagen zur Abfuhr von Metallspänen. Dieser Betrieb befindet sich etwa 400 m nördlich des Bahnhofs am Streckenende in Richtung Bad Oldesloe, wo eine Weiche südostwärts auf das Betriebsgelände führt.
In der Anfangs- und Endphase der Rübenkampagne, wo sich wegen des geringen Aufkommens kein Ganzzug nach Uelzen lohnt, nimmt die Übergabe die wenigen E-Wagen mit nach Lübeck.
Außerhalb der Rübensaison wird nach Schmilau oder gar Hollenbek eigentlich nur nach Bedarf gefahren, wobei mitunter das Frachtaufkommen auf der Lok Platz findet, nämlich in der Erdbeer- und Vorweihnachtszeit, wenn in Streckennähe der Erdbeerverkauf läuft oder schlagreife Nordmanntannen zu sehr am Gleis wachsen… Gerade die Lokfahrschule des Bw Lübeck fährt in der Erntezeit gern mal im Plan der Hollenbeker Übergabe bis Schmilau, wenn diese ausfällt; als Dankeschön erhält der Fdl stets einen Korb fangfrischer Feldfrüchte.
Noch einige Worte zu den eingesetzten Lokomotiven. Die Bespannung der Übergaben war mitunter recht wechselhaft. Für das normale Wagenaufkommen reichte in den letzten Jahren eigentlich eine Köf III, also eine 332, 333 oder 335. Mit offiziell 45 km/h Höchstgeschwindigkeit war sie zwischen Lübeck und Mölln natürlich nicht der Renner, die Übergaben waren aber im Fahrplan gut integriert. Sukzessive Fahrplanänderungen mit der Verdichtung des Nahverkehrsangebots am Vormittag, wo noch Ende der 80er im Winterfahrplan in Süd-Nor-Richtung zwischen 08:40 und 11:40 eine drei- und in Nord-Süd-Richtung zwischen 09:00 und 11:00 eine etwa zweistündige Lücke klaffte, zwangen zum Einsatz einer V60 (365), die als „Maxi-Joystick-Köf“ oder „Köf IV“ die kleineren Köf III verdrängte. Während der Rübenkampagnen wurden die Übergaben lastbedingt allerdings sowieso mit 365 oder 212 bespannt.
Bis zum Umbau der Ratzeburger Rübenverladeanlage war für die Rangierarbeiten innerhalb des Bahnhofs eine 332 oder 333 abgeordnet, die dann in Ratzeburg auch übernachtete. Unter der Anlage sollten die E-Wagen ja bewegt werden und das war hier mit den Treckern nicht betriebssicher genug durchzuführen; nicht selten mußten Wagen wieder aufgegleist werden, die z.B. nach Überpufferungen aus den Schienen sprangen.

Mit großen Dank an den Autor! Darstellung aus Archiv Lennart Mau