Kesselwagen
Alte Kesselwagen in Spur 0
Zur Reichsbahnzeit gab es ca. 10.000 Kesselwagen, gefertigt wurden aber häufig kleine Serien, zumeist auch in privatem Auftrag. Dadurch entstand eine große Vielfalt an Varianten, z.B. bei den Bühnen oder bei den Bremserhäuschen. Als Modell entstehen vier Kesselwagen unterschiedlicher Vorbilder als Umbauten der O-Scale-Model-Kesselwagen, von denen letztendlich nur der Kessel übernommen wird.
Kesselwagen als Reichsbahnbauart, Austauschbauart und Verbandsbauart31.01.2023
Ein Kesselwagen der Verbandsbauart

Kesselwagen der Verbandsbauart, Baujahr ca. 191707.09.2018
Der 1909 gegründete Staatswagenverband legte konstruktionsbezogene Grundlagen für Kesselwagen fest, die für eine gewisse Vereinheitlichung der vorher in Länderbahnregie gefertigten Baugruppen sorgte. Dieses sind z.B.
- die Arbeitsplattform quer zur Fahrtrichtung mit Aufstiegen von beiden Seiten. Hier gab es etliche Varianten, eine aus Gesichtspunkten der Arbeitssicherheit recht unzulängliche Ausführung ist im Modell dargestellt
- Bremserhäuschen mit Türen auf beiden Seiten. Die Anordnung auf der Bühne kann - je nach Bremse - links, mittig oder rechts versetzt zur Wagenachse sein.
- Hohe Lampenhalter mit waagerechten Traversen zur zusätzlichen Stabilisierung
- Achshalter in Preßblechausführung gegenüber der Länderbahnausführung mit Flacheisenhaltern
- Anordnung der Schilder, rechts das Schild mit Firmenbezeichnung, links die Wagendaten
Trotz der Vereinheitlichung gab es noch viele unterschiedliche Details, da die Kesselwagen in vielen Losen mit geringen Stückzahlen und hauptsächlich als Privatgüterwagen beschafft wurden. Die im Modell dargestellte Ausführung aus dem Jahr 1917 hat folgende individuelle Ausstattungsmerkmale:
- Dreischüssiger Kessel mit Schwallblechen
- Stangenpuffer
- Ein Ablassventil zur Vermeidung von schädlichen Unterdrücken fehlt
- Ausflussarmatur am Kessel befestigt
- Kunze-Knorr-Güterzugbremse
- Firmenschild auf Stützen
Die Umsetzung im Modell: Die meisten Zurüstteile z.B. für das Fahrwerk und die Bühnen kommen von Petau Modellbau. Die Stangenpuffer wurden von Bauermodellbau bezogen, die übrigen Bauteile selbst hergestellt.
Vom OSM Kesselwagen wurde lediglich der Kessel verwendet, alle Öffnungen verspachtelt und überflüssige Anbauten vorsichtig mit einem Cuttermesser entfernt. Die Lackierung erfolgte mit Weinert Acryllack RAL 7030 (in der Abbildung ist noch das OSM-Fahrwerk vorhanden).

Der Entnahmestutzen. Die Flansche erhalten noch Flanschmuttern.
Alle Träger des Fahrgestells sowie die Pufferbohlen enstanden im Eigenbau, in dem die Materialstärken handelsüblicher Profile durch Abschleifen reduziert wurden. Für die Nietbilder kamen Bohrschablonen zur Anwendung. Die Träger wurden auf der Rückseite mit einem 0,5 mm Bohrer leicht angesenkt und die Nietung vorsichtig per Hand vorgenommen.

Das fertige Fahrgestell.
Das Bremserhaus ist komplett in Holz gefertigt. Von Scale-Modellbau sind Erleleisten in vielen Abmessungen erhältlich. Die Erleleisten wurden im Farbton „Eiche Mittel“ gebeizt, mit Weinert Acrylfarbe „Güterwagenbraun“ lackiert und anschließend leicht abgeschliffen.
Eine Tür ist zum Öffnen, um Einblick in das Häuschen zu gewähren. Sichtbar werden dann Sitz und Bremskurbel. Auch wenn auf den Fotos kaum sichtbar: Die Längsträger weisen die vorbildgerechten Nietbilder für die Befestigung von Achshaltern und Querträgern auf.

Kesselwagen mit geöffneter Bremserhaustür
Zur Alterung wurden Klever Brünierbeize und Kremer Farbpigmente verwendet. Der Kessel erhielt leichte Betriebsspuren, die losen Farbpigmente wurden abschließend mit mattem farblosem Lack von Weinert fixiert.

Die rechte Seite des Kesselwagens, noch unbeschriftet
Ein Kesselwagen der Verbandsbauart mit Schlussbeleuchtung
Nach dem Vorbild eines Kesselwagens der Verbandsbauart der Fa. Thörl in Hamburg entsteht ein weiterer Kesselwagen. Im Unterschied zum ersten Kesselwagen ist der Auslass am Rahmen befestigt. Im Modell wird der der Kessel mit dem Verschluss des Domes am Rahmen festgeschraubt. Dazu wird eine Stange mit Gewindebohrung durch den Kessel geführt. Außerdem erhält der Wagen beleuchtete Zugschlusslaternen.Auslass mit Stange zur Kesselbefestigung und Bohrschablone für den Kurbelkasten

Das Fahrwerk des Kesselwagens

Die rechte Seite des Kesselwagens, noch unbeschriftet31.01.2023
Kesselwagen der Austauschbauart
Der Kesselwagen entstand ca. 1906 als Länderbahnbauart. Zur Zeit der Kaiserbahn um 1928 musste der in Normalstahl gefertigte Kessel aufgrund erhöhter Korrosion bereits ausgetauscht werden. Das Fahrgestell und die Bühnen blieben jedoch erhalten. Der neue dreischüssige Kessel wies ein manuell betriebenes Ablassventil auf dem Scheitel sowie einen Flansch für den Heizanschluss auf. Mit dem Austausch des Kessels wurde auch die Kunze-Knorr-Güterzugbremse nachgerüstet.
Kesselwagen der Austauschbauart, noch mit OSM-Fahrwerk ohne Bremserhaus. Der Auslass ist ein Gebauer-Gussteil31.01.2023
Generelle Merkmale des Wagens aus der Länderbahnzeit, wie sie häufiger anzutreffen waren:
- Einseitiger Aufstieg zur Arbeitsplattform
- Bremserhäuschen quer zur Wagenachse, eine Tür befindet sich nur auf der dem Kesselaufstieg abgewandten Seite. Um den Wechsel zur anderen Seite zu ermöglichen, sind an der Pufferbohle außerhalb des Geländers längliche Trittbretter angebracht. Die Bremsspindel befindet sich außen vor dem Bremserhäuschen.
- Hölzerne Schlauchkästen am Fahrwerksrahmen. Die Schläuche wurden mitgeführt, falls vom Anschließer keine passenden Schläuche gestellt werden konnten.
- Freistehende hohe Lampenhalter
- Der Entnahmestutzen stützt sich am Fahrwerk ab
- Stangenpuffer und Speichenräder
Die Umsetzung im Modell: Die meisten Zurüstteile z.B. für das Fahrwerk und die Bühnen sind bei Petau Modellbau erhältlich. Der bei Schnellenkamp erhältliche Entnahmestutzen hat für die alten Kesselwagen leider einen zu großen Durchmesser, so dass diese Baugruppe selbst angefertigt werden muss. Zunächst entsteht das Fahrwerk in Messingbauweise, nachfolgend dann das Bremserhäuschen aus Holz.
Bei diesem Rahmen sind die Nieten separat eingesetzt und anschließend verlötet worden. Man erkennt dies an den Lotresten auf der Rückseite der Träger. Zum Herstellen der Nietbilder wurde eine Bohrschablone verwendet.

Rahmen des Kesselwagens mit Pressblechachsträgern
--- wird fortgesetzt ---
Kesselwagen der Reichsbahnbauart
Der Kesselwagen entstand Anfang der zwanziger Jahre nach den Vorgaben der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft DRG:- Arbeitsplattformen auf beiden Seiten des Kesseldomes quer zur Fahrtrichtung mit eigenem Aufstieg
- Manuell betriebenes Ablassventil zur Vermeidung von schädlichen Unterdrücken noch ohne Verbindung zum Entnahmestutzen
- Hohe Lampenhalter sind nicht mehr erforderlich. Die Halter befinden sich nun am kesselseitigen Geländer.
- Feststellbremse und Kunze-Knorr-Güterzugbremse sind standardmäßig vorhanden, das Bremserhäuschen kann auch entfallen, da die Güterzüge zunehmend gebremste Wagen führten.

Kesselwagen der Reichsbahnbauart. Das Fahrgestell ist noch im OSM-Ursprungszustand, das Bremserhaus stammt von Petau Modellbau31.01.2023

Kesselwagenzug mit BR94 und Kohlewagen31.01.2023
--- wird fortgesetzt ---
4-achsige Kesselwagen der Länderbahnbauart
Die Kesselwagen der Länderbahnzeit wirken teilweise recht provisorisch, gab es doch Beispiele, bei denen ein vierachsiger Flachwagen mit einem Kessel beladen wurde. Der abgebildete Kesselwagen der SCNF, also der französischen Staatsbahn, ist aber von Anfang an als Kesselwagen gebaut worden. Interessantes Detail: Der rechte Radsatz weist noch Speichen auf.
4-achsiger Kesselwagen der SCNF in Sourbrodt (Vennbahn)
Der Wagen enthält keinerlei Schwallbleche im langen Kessel, dadurch ist das Laufverhalten am Ablaufberg schwer vorherzusagen. Der Kessel liegt auf Holzbohlen auf dem Rahmen auf, gegen die dann die Spanngurte gespannt werden..

4-achsiger Kesselwagen der SCNF aus Metz
--- wird fortgesetzt ---